Dreifaltigkeitskapelle
Es haben auch Ihre hochfürstlichen Gnaden die Kirchen zu Mülln alle ganz zierlich verneuert und machen lassen mit sampt der Orgl zwaien schönen Capellen zierlich erbaut, ...
Es haben auch Ihre hochfürstlichen Gnaden die Kirchen zu Mülln alle ganz zierlich verneuert und machen lassen mit sampt der Orgl zwaien schönen Capellen zierlich erbaut, ...
Die mittelalterliche Stiege ist auf der Stadtansicht von 1553 gut erkennbar, ihr Tor wurde in der Umfassungsmauer im Fundament der Friedhofskapelle 2006 wieder sichtbar gemacht. Die Augustiner-Eremiten wohnten im neuen Klostergebäude und wollten, ohne die Augustinergasse betreten zu müssen, im ersten (bzw. im zweiten) Stock in die Kirche gehen, daher die Errichtung des Torbogens, dessen zweiter Stock, wie ein Wappen beweist, erst 1614 unter EB Markus Sittikus von Hohenems fertig gestellt wurde.
Da jeder Schwibbogen ein Widerlager braucht, errichtete man zwischen Kirchenwestfassade und östlichem Ende des Schwibbogens ein gedecktes Stiegenhaus, an dessen unterem Ende einst ein Außenportal war, dessen gut erhaltenes originales Marmortympanon mit dem Weispriacher und Raitenauer Wappen und der Jahreszahl „M.D.C.IV.“ sich heute sekundär eingemauert im Kircheninneren befindet.
Schon 1607 dürfte die gotische, einst am „hinteren Kirchportal situierte St. Wolfgangskapelle“ als Vorgängerkapelle durch den heutigen Bauteil ersetzt worden sein; jedenfalls ist keine Baunaht zwischen Stiegenhaus und Dreifaltigkeitskapelle sichtbar.
Der untere Teil des Stiegenhauses entstand 1707 bis 1708, als die Augustiner Eremiten unter ihrem Prior Johannes Baptist Maralt die heutige zweiachsige Außenfassade schufen und mit diesem Bau den domkapitlischen und Stadtmaurermeister Sebastian Stumpfegger (geb. um 1670, gest. 1749) betrauten, der dafür 872 Gulden erhielt. Stumpfegger hatte zuvor 1697 die neue Augustinergruft mit ihren Kolumbarien unter dem Kirchenboden eingebaut. Am unteren Teil der Prozessionsstiege wurde nun vis-à-vis des Eingangsportals die Schmerzenskapelle errichtet, sodass die Stiege seither über zwei Stationsaltäre verfügt; gleichzeitig reguliert sie die Kommunikation mit dem Klostergebäude auf drei Ebenen.
Zwar kann dzt. nicht nachgewiesen werden, dass die an der Stelle der heutigen Dreifaltigkeitskapelle situierte gotische St. Wolfgangskapelle „am hinteren Portal“ bereits als Gruft der im nahe gelegenen siebentürmigen Schloss Mülleck residierenden Familie von Grimming gedient hatte. Ein erster Hinweis wäre die Tafel mit der Ursulalegende (um 1570) im Müllner Stiegenhaus, wo ein geharnischter Ritter (ein Grimming?) als Stifter abgebildet ist. Immerhin ließ Erzbischof Wolf
Dietrich von Raitenau 1607 am Schloss Mülleck ein neues Stadttor errichten, was auf Älteste Ansicht von Mülln ein Vertrauensverhältnis hinweist.
Schutzengel mit Kind im Oberbild des Dreifaltigkeitsaltars
Die Gruftplatte des Johann Gottlieb Grimming von Niederrain und Mülleck |
Der Text der restaurierten Gruftplatte in der Dreifaltigkeitskapelle lautet: (Übersetzung von Philipp Lebesmühlbacher)
Es fällt auf, dass konkrete Daten zum Leben des Verstorbenen fehlen, d. h., dass er sich die Gruftplatte schon zu Lebzeiten hat anfertigen lassen, was aus einer Passage des Textes hervorgeht, und wohl auch, dass er unverheiratet gestorben ist, sodass später niemand diese einsetzte. Vielleicht wollte er auch aus frommer Bescheidenheit diese verschwiegen wissen, sodass seinen Nachruhm die Familie erbte. |
Der Dreifaltigkeitsaltar des Kremser Schmidt von 1769 |
Erst 1769 ging man daran, die Dreifaltigkeitskapelle mit einem neuen Rokokoaltar auszustatten und brachte den Salzburger Hofsteinmetzmeister Jacob Mösl (gest. 1787), den Bildschnitzer Johann Georg Hitzl (1737-1781 tätig) und den Maler Martin Johann Schmidt aus Stein/ Donau, genannt Kremser Schmidt (1718-1801), zu einer Künstlergemeinschaft zusammen. Jacob Mösl, der seit den 1760er Jahren bereits für die Rokoko-Ausstattung der Stiftskirche St. Peter erfolgreich tätig war, schlug einen reich intarsierten Marmor-altaraufbau im heimischen Untersberger-, Adneter- und Schnöll-Marmor mit Sarkophag- mensa, zwei Säulchen und einem reich verkröpften schwingenden Gebälk vor. Auch Johann Georg Hitzl hatte u. a. bereits Skulpturenschmuck und eine üppige Kanzel
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Das Altarbild des ehemaligen Müllner Hochaltares |
Gegenüber dem westlichen Außenfenster der Dreifaltigkeitskapelle hängt heute ein monumentales Gemälde (ca. 4,5 m hoch, 2,5 m breit), welches die heilige Gottesmutter Maria als Fürbitterin vor der allerheiligsten Dreifaltigkeit, umgeben von Engeln und Heiligen, darstellt: Diese sind in der untersten Reihe (von links nach rechts) die hll. Sebastian, Nikolaus, Virgil, Nikolaus von Tolentin (Mitte), Rupert, Karl Borromäus, Franz von Assisi und Josef von Nazareth. Auf der mittleren Ebene um die Gottesmutter die hll. Kirchenväter Hieronymus, Papst Gregor I., Augustinus und Ambrosius, sowie die hll. Maria Magdalena, Katharina, Mutter Monika und elf Frauen ohne Attribute. In der obersten Zone umgeben die allerheiligste Dreifaltigkeit neben Engeln noch die Symboltiere der hll. Evangelisten (Adler, Stier, Löwe und Mensch). Das Ganze bildete einst das Mittelbild des ersten barocken Hochaltares von Mülln, zu dem der Salzburger Landtag am 12. März 1658 einen Kostenbeitrag von 200 Gulden bewilligte. Der hochbarocke Altar ersetzte den bis dahin vorhandenen gotischen Schrein von 1465 mit der ULF hl. Maria Mater gratiae. Von seiner Gestalt fehlt jede alte Abbildung, doch wird man sich ihn als Triumphbogenaltar in Art der Salzburger Domhochaltäre vorstellen dürfen. Die figuralen Teile soll nach F. F. Ertinger zwar Johann Andreas Spindelbauer, ein Schüler des Hans Pernegger, geschaffen haben, doch blieben von diesem Hochaltar zwei lebensgroße Statuen der hll. Augustinus und Nikolaus von Tolentin erhalten, die sich heute sekundär im Müllner Bräustübl Stiegenhaus befinden, die aber dem Oeuvre des Meinrad Guggenbichler (1649-1723) zuzuweisen sind im Stil des Heilig-Geist-Altars von Mondsee (1679). 1698 lieferte Guggenbichler nach Mülln einen Rahmen für ein heute verschollenes Bild der hl. Apollonia.
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Wie soll ich leben, um einmal vor Gott mit meinem/unseren Leben bestehen zu können.
Da diese Kapelle als Aufbahrungshalle d.h. Aussegnungshalle für die Verstorbenen bis zur Schließung des Friedhofes verwendet wurde, wollte man den Hinterbliebenen durch den Blick nach oben zeigen: Den Weg, der zur ewigen Glückseligkeit führt, findet ein Christ, wenn er vier Bereiche gut lebt: Opfer (Hingabe),Eleemosyna (Almosen – Teilen), Gebet und Communio (Gemeinschaft der Christen, Kirche).
Da diese Worte teils griechisch, teils lateinisch sind, verstand so mancher Betrachter nicht auf Anhieb, was da gemeint ist.
Die biblischen Szenen aber machen es deutlich, worum im Leben als Christen geht. Es steckt in uns allen die Frage: "Wie soll ich leben, um einmal vor Gott mit meinem/unseren Leben bestehen zu können." – Darauf will also das Deckengemälde antworten.
Daniel in der Löwengrube verkörpert die Communio (Gemeinschaft)